Siegfried Lorenz
(30. August 1945 – 24. August 2024)
Mit Siegfried Lorenz ist einer der maßgeblichen Lied-, Opern- und Oratoriensänger der vergangenen Jahrzehnte verstorben, kurz vor der Vollendung seines 79. Lebensjahrs. Über längere Zeit war der gebürtige Berliner der Staatsoper Unter den Linden eng verbunden, von den späten 1970er bis in die frühen 1990er Jahre hinein. Zuvor hatte er, nach erfolgreich absolviertem Gesangsstudium an der Musikhochschule „Hanns Eisler“ und mehreren Preisen bei Gesangswettbewerben, 1969 an der Komischen Oper Berlin debütiert und war einige Jahre an diesem Haus engagiert, bevor das Leipziger Gewandhaus zum Zentrum seiner künstlerischen Tätigkeit wurde.
An der Staatsoper trat er erstmals 1977 auf, ab 1978 wurde er als Ständiger Gast fest verpflichtet. Im Opernhaus Unter den Linden trat er mit zentralen Partien seines Fachs in Erscheinung – hervorzuheben sind seine Auftritte als Graf Almaviva in Die Hochzeit des Figaro, als Guglielmo in Così fan tutte, als Germont in La Traviata, als Posa in Don Carlo, als Agamemnon in Glucks Iphigenie in Aulis, als Graf in Strauss’ Capriccio, als Borromeo in Palestrina und als Wozzeck, vor allem aber als Wolfram in Tannhäuser und Beckmesser in Die Meistersinger von Nürnberg, zwei Wagner-Partien, mit denen Siegfried Lorenz auch internationale Anerkennung fand, etwa im Zuge von Auftritten an der Wiener Staatsoper oder in Japan.
In noch stärkerem Maße Anerkennung gefunden hat Siegfried Lorenz jedoch als Lied- und Konzertsänger. Als Schubert-Interpret setzte er Maßstäbe, auch durch zahlreiche Tonaufnahmen dokumentiert, desgleichen mit seiner Gestaltung der Parts für tiefere Männerstimme in Bach-Oratorien und -Kantaten. Hier konnte er seine künstlerischen Qualitäten in besonderer Weise ausspielen: Legatokultur und prägnante Artikulation, die von einer genauen Durchdringung von Text und Inhalt zeugt, ebenso eine ausgeprägte Sensibilität im Blick auf das Verhältnis von Wort und Ton. Gastspiele als Liedsänger führten ihn in die viele Musikzentren in Europa und Übersee, bereits in den 1980er Jahren auch in die USA, wo er für seine eindrucksvolle Interpretation von Schuberts Winterreise gefeiert wurde,
An der Staatsoper Unter den Linden 1979 zum Kammersänger ernannt, war das Ende seines Engagements mit Differenzen verbunden. Sein Vertrag am Haus wurde 1992 nicht verlängert, es folgte ein merklicher „Karriereknick“. In Berlin trat Siegfried Lorenz nurmehr am Konzerthaus am Gendarmenmarkt auf, wo er 2005 auch sein Abschiedskonzert gab. Fortan konzentrierte er sich auf seine Tätigkeit als Gesangspädagoge, der er als Professor an mehrere Hochschulen nachging. Seine reichen Erfahrungen hat er an eine nächste Generation von Sänger:innen weitergegeben, von bleibender Bedeutung sind seine künstlerisch profilierten Einspielungen, etwa von Bach-Kantaten unter Peter Schreier und Max Pommer, von Schubert-Liedern mit dem Pianisten Norman Shetler, von Mahlers Liedern eines fahrenden Gesellen unter Kurt Masur und sein Rollenporträt des Beckmesser in einer Münchner Studioproduktion von Wagners Meistersingern unter der Leitung von Wolfgang Sawallisch.
Die Staatsoper Unter den Linden, an der Siegfried Lorenz zahlreiche Opern- und Konzertabende mit höchstem musikalischem Anspruch gestaltet hat, ist ihm für seine künstlerische Lebensleistung zu großem Dank verpflichtet.
Die Intendanz