Staatsoper für alle

Open-Air-Konzert

Bereits zum zwölften Mal findet STAATSOPER FÜR ALLE am 16. und 17. Juni 2018 statt und erstmals seit 2012 wieder als Wochenende im »klassischen« Format: mit einem Open-Air-Konzert und einer Opern-Live-Übertragung auf dem Bebelplatz vor einzigartiger Kulisse in der historischen Mitte Berlins. Der Eintritt ist wie immer frei.

Am Samstag, dem 16. Juni um 12 Uhr spielt die Staatskapelle Berlin unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim Werke von Gioachino Rossini und Claude Debussy sowie Igor Strawinskys »Le Sacre du Printemps«. Am folgenden Abend, am 17. Juni um 18 Uhr, wird einer der Höhepunkte der Opernsaison, die seit langem ausverkaufte Premiere von Verdis »Macbeth«, dirigiert von Daniel Barenboim, mit Plácido Dómingo in der Titelrolle und Anna Netrebko als Lady Macbeth in einer Übertragung auf der LED Leinwand auf dem Bebelplatz mitzuerleben sein.

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Nicht einmal zwei Wochen hat Gioachino Rossini dafür benötigt, seine Opera buffa »Il barbiere di Siviglia« zu komponieren. Die Eile war verständlich, musste er doch den anberaumten Aufführungstermin im Februar 1816 unbedingt einhalten, als das Werk erstmals im Teatro Argentina in Rom auf die Bühne kam. Ein Welterfolg ist daraus erwachsen – heute gilt der »Barbier« als die populärste Oper Rossinis, der auch im Spielplan der Staatsoper Unter den Linden seit einem halben Jahrhundert in der aus dem Geist der italienischen Comedia dell’arte heraus gestalteten Inszenierung von Ruth Berghaus präsent ist. Die Ouvertüre mit ihrer Reichhaltigkeit an Gestalten und Gesten ist bereits ein Geniestreich für sich – ein perfekter Auftakt für dieses so kunstvoll, aber zugleich mit leichter Hand entworfenes Stück Musiktheater.

Claude Debussy, dessen 100. Todestag in diesem Jahr willkommene Gelegenheit gab, sein vielgestaltiges und höchst eindrucksvolles OEuvre zu beleuchten, hat dem großen Orchester neue, bislang ungeahnte Klangfarben und -mischungen abgewonnen. Die dreiteilige, 1910 in Paris uraufgeführte Komposition »Ibéria« ist ein Werk mit zwei Seiten: Einerseits handelt es sich um eine enorm nuancenreiche, typisch französische Musik, andererseits beschwört sie die Landschaft und die Atmosphäre Spaniens herauf. Während der erste Satz mit dem Titel »Auf den Straßen und Wegen« eine musikalische Studie ist, in der mit Instrumenten wie Kastagnetten und Tambourin ein charakteristisch spanisches Flair erzeugt wird, das in der Tat an eine belebte Stadt unter südlicher Sonne denken lässt, entführen die folgenden »Düfte der Nacht« mit ihren sanften Tönen und verschatteten Farben in eine merklich andere emotionale Gestimmtheit. Der abschließende »Morgen eines Festtages« verfügt hingegen über kräftigere, geerdete Klänge: Feierliches Glockengeläute lässt sich ebenso vernehmen wie eine spürbare Aufgeregtheit angesichts des neuen Tages, der offenbar ein besonderer ist. Debussy, den man oft und gern mit dem Begriff und der Ästhetik des »musikalischen Impressionismus« in Verbindung gebracht hat, demonstriert in »Ibéria« ‒ eigentlich ein Teil der größer dimensionierten »Images pour Orchestre« überzeugend seine Begabung und sein Vermögen, mit den Klängen des großen, ausdifferenzierten Orchesters gleichsam zu malen.

Ein Jahrhundertwerk von weitreichender Wirkung: Strawinskys »Le Sacre du Printemps«, ein musikalisches »Elementarereignis«, markiert den kraftvollen Durchbruch zur Moderne des 20. Jahrhunderts. Den Inhalt und das Szenarium seines Balletts hatte er gemeinsam mit dem befreundeten Maler Nicolas Roerich entwickelt, einem der besten Kenner altrussischer Traditionen. Das Geschehen führt uns an einen heiligen Ort, wo sich ein Stamm versammelt hat, um die Götter und Ahnen anzurufen. Das Volk gruppiert sich um die weisen Alten, die um die Geheimnisse wissen, wie man dem Frühlingsgott gefällig ist, damit er die Natur mit den Menschen versöhne. Vor ihnen tanzen die Jungfrauen, von denen eine auserwählt wird, als Opfer zu dienen. Indem sich dieses Mädchen in einen heiligen Tanz hineinsteigert, an dessen Ende sie tot zur Erde niederfällt, ist das Frühlingsopfer vollbracht. Strawinsky und Roerich gliederten das Stück in zwei etwa gleich große Teile: Auf »Die Anbetung der Erde« folgt »Das Opfer«, wobei beide Abschnitte aus einer Folge von Tänzen unterschiedlicher Tempi und Charaktere bestehen. Zentrales Element ist der Rhythmus, der mit einer derartigen Urgewalt kaum jemals zuvor in der Musik entfesselt worden war. Hier – und zudem in der avancierten Harmonik sowie der ungewöhnlichen Klangfärbungen und der gewaltigen Schallstärke des schier riesenhaften Orchesterapparates – ist Strawinsky in der Tat neue Wege gegangen: Nicht umsonst wurde »Le Sacre du Printemps« schon bald als ein »Gründungsdokument« der Neuen Musik angesehen. Die von archaischen Folkloretraditionen inspirierten »Bilder aus dem heidnischen Russland« waren mit üblichen Begriffen kaum zu fassen und mit gängigen Maßstäben kaum zu messen: Die Uraufführung am 29. Mai 1913 im Pariser Théâtre des Champs-Elysées geriet gleichsam folgerichtig zum Skandal. Seine Leitidee hat Strawinsky im Jahr nach der denkwürdigen Premiere prägnant umrissen: »In diesem Frühlingsopfer habe ich den panischen Schrecken der Natur vor der ewigen Schönheit darstellen wollen. Und so muss das ganze Orchester die Geburt des Frühlings wiedergeben.«

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