Gastspiel Salzburger Pfingstfestspiele

Bei der Komposition des Lohengrin, so behauptete Richard Wagner, seien ihm »zu höchster Pein« Melodien aus Rossinis Guillaume Tell im Kopf herumgespukt, weshalb ihm nichts mehr eingefallen wäre. Erst mit dem Trällern von Beethovens Neunter hätte er sich davon befreien und zu seiner Erfindungsgabe zurückfinden können. — »Diese Musik muss man mehrmals hören«, räumte Gioachino Rossini ein, nachdem er eine Vorstellung von Wagners Tannhäuser besucht hatte, »aber ich gehe nicht wieder hin …«

Die beiden Genies feuerten Sottisen aufeinander ab — doch ihr einziges Treffen, 1860 in Paris, wurde ein freundschaftlich-geistreicher, sogar heiterer Gedankenaustausch. Wagner zeigte sich nicht zuletzt vom Otello beeindruckt — und resümierte die Begegnung mit den Worten, der »Schwan von Pesaro« sei von allen Musikern, die er in Paris getroffen habe, »der einzig wirklich Große« gewesen. Musikalisch sind die beiden einander wohl nie näher gekommen als im besonders packenden, praktisch durchkomponierten dritten Akt des Otello. Umgekehrt lassen bei Wagner Ouvertüren, Vorspiele oder der an die Transzendenz rührende Liebestod noch die alten Konventionen fühlen, um sie zugleich zu überschreiten. Rossini und Wagner: ein mu­sikalisches Gipfeltreffen zweier Antipoden in Starbesetzung.

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