Der Freischütz

Romantische Oper in drei Akten (1821)

Musik von Carl Maria von Weber
Text von Friedrich Kind

Weder idyllisch noch intakt ist diese Welt, in der Agathe, die Tochter des Erbförsters, und ihr Verlobter, der vom Glück verlassene Jägersbursche Max, um ihre Liebe kämpfen müssen. Mit Traditionen und Bräuchen wollen die abergläubischen Bewohner des Waldes sich vor finsteren Mächten schützen. Doch ihre starren Regeln haben zur Folge, dass Andersdenkende und Versager verspottet, ausgegrenzt und so ihrer Lebenschancen beraubt werden.

Leistungsdruck und Versagensangst führen dazu, dass der sonst so treffsichere Schütze Max auf einmal nur noch daneben zielt. Da jedoch seine Hochzeit mit Agathe und somit sein Lebensglück von einem einzigen Probeschuss abhängt, ist er leicht empfänglich für die Einflüsterungen falscher Freunde und lässt sich auf einen teuflischen Pakt ein: Gemeinsam mit dem Außenseiter Kaspar gießt er in einem nächtlichen Ritual sieben magische Freikugeln, die angeblich niemals ihr Ziel verfehlen … »Ins Schwarze getroffen«, jubelte Carl Maria von Weber 1821 nach der Uraufführung im Berliner Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, mit der sein »Freischütz« den Siegeszug durch die europäischen Opernhäuser antrat. Seine Komposition verbindet volksliedhafte Züge, Hörnerschall und Männergesang mit schwebenden Klängen voll romantischer Sehnsucht. Diffus, gespenstisch-schattenhaft und zerrissen beschwört Weber eine finstere und äußerst beengte Welt voll überforderter Menschen und harmonischer Ungewissheiten herauf, die zugleich auch (falsche?) Hoffnung und Lichtblicke in sich birgt.

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Ein alter fürstlicher Förster will seinem braven Jägerburschen Max, seine Tochter und Dienst geben, und der Fürst ist es zufrieden, nur besteht ein altes Gesetz, daß jeder einen schweren Probeschuß ausführen muß. Ein anderer boshafter liederlicher Jägerbursche Kaspar hat auch ein Auge auf das Mädel, ist aber dem Teufel halb und halb ergeben. Max sonst ein trefflicher Schütze, fehlt in der letzten Zeit vor dem Probeschuß alles, ist in Verzweiflung darüber und wird endlich dadurch von Kaspar dahin verführt, sogenannte Freykugeln zu gießen, wovon 6 unfehlbar treffen, dafür aber die 7. dem Teufel gehört. Diese soll das arme Mädchen treffen, dadurch Max zur Verzweiflung und Selbstmord geleitet werden etc. Der Himmel beschließt es aber anders. Beim Probeschuß fällt zwar Agathe, aber auch Kaspar, und zwar letzterer wirklich als Opfer des Satans, erstere nur aus Schrecken, warum etc. ist im Stück entwickelt. Das Ganze schließt freudig.

Carl Maria von Weber in einem Brief an seine Braut Caroline Brandt, Dresden, 3. März 1817

Michael Thalheimer legt das bei ihm gewohnte Chirurgenmesser nicht aus der Hand. Er kann auf jede Gemütlichkeit der Bilder verzichten, er setzt auf Nüchternheit, es ist eine Interpretationskunst der Reduktion und Verdichtung.

Süddeutsche Zeitung, 20. Januar 2015

Dass in dieser Musik ein Dampfkessel der Ängste und Neurosen brodelt und selbst das Libretto im Kern eine verrohte Gesellschaft der Obrigkeitshörigen und Duckmäuser zeichnet, machen Regisseur Michael Thalheimer und Sebastian Weigle am Pult der Staatskapelle eindrucksvoll spürbar. Thalheimer fügt alles äußerst dicht und kraftvoll zusammen. Weil er die Sprechpartien bis auf wenige Worte gestrichen hat, entsteht ein düsteres Stakkato der Bilder und Seelenzustände.

Berliner Morgenpost, 20. Januar 2015

Die Staatskapelle klingt leicht, aber dennoch stets bedeutungsvoll: Dem alten Stück wird damit etwas von seiner Jugend, ja seiner Frühe wiedergegeben.

Berliner Zeitung, 20. Januar 2015

Anna Prohaska gibt das Ännchen überraschend kraftvoll und mit präziser Brillanz als stichelndes Biest. Falk Struckmann singt den Kaspar so kernig, als habe er ein Herz aus Erz. Im Dunklen wollte man ihm lieber nicht begegnen.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. Januar 2015

Michael Thalheimer und sein Bühnenbildner Olaf Altmann zeigen auf beeindruckend drastische Weise, warum gerade diese Oper noch immer geliebt und überall aufgeführt wird. Sie haben keine Angst davor, beides gleichermaßen ernst zu nehmen: Die nationale Romantik des Textes und die volksliedhafte Sanglichkeit der Musik. Auf der Bühne steht gar nicht symbolisch, sondern konkret und plastisch sichtbar der Geburtskanal der Pegida-Demonstrationen. Selten hat ein Opernhaus mehr getan für die politische Aufklärung als hier. Alles ist zu hören und zu sehen, was gegenwärtig zehntausende auf die Straße treibt: Das unheimliche Fremde in der Wolfsschlucht, das Elend eines Versagers, dann die Güte des Vaters, die Unschuld der Frauen, die Wahrheit des christlichen Glaubens. Das ist großes, wenn auch bedrückendes Theater.

taz, 20. Januar 2015