Elektra

Tragödie in einem Aufzug (1909)

Musik von

Richard Strauss

Text von

Hugo von Hofmannsthal

Im Gedenken an Patrice Chéreau anlässlich seines 10. Todestages.

Wie ein Rufen aus mythischer Vorzeit beschwört Richard Strauss’ »Elektra« den Zauber des Schaurig-Düsteren, des Archaisch-Grausamen herauf. Eine geradezu unabdingbare »gewaltige musikalische Steigerung bis zum Schluß« (Strauss) lässt den Zuhörer tief in die von Trauer, Schmerz und Rachedurst geprägte Welt Elektras eintauchen: Obsessiv verfolgt die von ihrer Familie gedemütigte und gepeinigte mykenische Königstochter Elektra nur ein einziges Lebensziel: Sie beschwört Tag für Tag die Erinnerung an ihren Vater herauf, der einst von ihrer Mutter Klytämnestra gemeinsam mit deren Liebhaber Aegisth heimtückisch ermordet wurde und wartet auf die Rückkehr ihres Bruders Orest, der Vergeltung für die Bluttat üben soll. Gleiches muss mit Gleichem vergolten werden. Schwankend zwischen Hass, Hysterie, Schwäche, Überheblichkeit, abgrundtiefer Traurigkeit, Besessenheit und Sarkasmus hat Elektra jeden Bezug zu den Menschen um sich herum verloren, ist verwahrlost und hat ihre Weiblichkeit verneint.

Inspiriert von der Sprachgewalt seines kongenialen Librettisten Hugo von Hofmannsthal schuf der Fin-de-Siècle-Komponist mit seinem monumentalen Operneinakter für dramatische Stimmen und Riesenorchester ein musikalisch-psychologisches Portrait von äußerst aufwühlender Expressivität und überwältigender Klangwucht, dass ihn laut eigener Aussage bis an die äußersten Grenzen »psychischer Polyphonie« führte.

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Handlung

Auf dem Hof des Palastes von Mykene. Die Mägde fragen sich, ob Elektra, wie jeden Tag zu dieser Stunde, kommen wird, um den Tod ihres Vaters zu beklagen. Da erscheint die Tochter des Königs Agamemnon und der Klytämnestra und zieht sich sogleich in ihre Einsamkeit zurück. Die Mägde schmähen und verspotten sie. Nur eine ergreift Partei für Elektra.
Elektra bleibt allein zurück. Sie ruft sich die Ermordung Agamemnons ins Gedächtnis, der nach seiner Rückkehr aus Troja von Klytämnestra und ihrem Liebhaber Aegisth mit einem Beil erschlagen wurde. Von Trauer verzehrt, hat Elektra nichts als Rache im Sinn, die sie mit Hilfe ihrer Schwester Chrysothemis und ihres Bruders Orest üben wird. Täglich wartet Elektra auf die Rückkehr des Bruders, der einst als Kind von Mykene fortgeschickt wurde.
Chrysothemis reißt Elektra aus ihren Gedanken, um sie zu warnen: Klytämnestra und Aegisth wollen sie in einen Turm sperren. Chrysothemis bittet ihre Schwester, auf Vergeltung zu verzichten, damit das Leben endlich wieder seinen Lauf nehmen kann. Verächtlich stößt Elektra sie weg.
Klytämnestra erscheint mit ihrem Gefolge. Weil sie von Albträumen geplagt wird, will sie den Göttern Opfer darbringen, um diese versöhnlich zu stimmen. Sie sucht das Gespräch mit Elektra, und als diese ihr liebenswürdiger als sonst begegnet, schickt sie ihre Begleiterinnen fort, um mit ihr allein zu sein. Die Mutter fragt ihre Tochter, ob sie nicht ein Mittel wisse, das ihr den Schlaf wiederbringt. Elektra verrät ihr, sie könne tatsächlich durch ein Opfer erlöst werden. Doch als die Königin sich hoffnungsvoll erkundigt, wer geopfert werden soll, entgegnet ihr Elektra, sie selbst sei es, Klytämnestra, die sterben müsse. Exaltiert beschreibt Elektra, wie die Mutter durch Orests Hand sterben wird. Im Hof herrscht plötzlich Aufregung: Zwei Fremde sind im Palast eingetroffen und bitten darum, empfangen zu werden. Man flüstert der Königin etwas ins Ohr, ohne ein weiteres Wort eilt sie davon.
Chrysothemis kommt zurück und überbringt die schreckliche Nachricht: Orest ist tot. Elektra will es zuerst nicht glauben. Verzweifelt kommt sie schließlich zu dem Schluss, sie beide müssen nun unverzüglich handeln. Doch Chrysothemis weigert sich, eine solche Tat zu begehen und läuft davon. Elektra verflucht sie. Dann wird sie es eben alleine vollbringen.
Einer der beiden Fremden, der sich als Freund von Orest ausgibt und die Nachricht von seinem Tod überbrachte, ist schon eine Weile anwesend. Elektra bedrängt ihn mit Fragen. Als sie ihm ihren Namen verrät, erschaudert er. Sie erkennt ihn erst, als sich die Diener ihm zu Füßen werfen: Es ist tatsächlich Orest, der vor ihr steht, Orest, der mit List seinen eigenen Tod verkünden ließ, um in den Palast zu gelangen. Elektra frohlockt und leidet, sie taumelt zwischen unendlicher Zärtlichkeit für ihren Bruder und abgrundtiefer Traurigkeit ob ihres zurückgezogenen Lebens, das sie sich selbst auferlegt hat. Die beiden werden von Orests Pfleger unterbrochen: Die Stunde der Rache ist gekommen, nun muss vollbracht werden, wofür Orest zurückgekommen ist. Orest eilt in den Palast. Fieberhaft harrt Elektra jedem noch so kleinen Geräusch entgegen. Da hört man Klytämnestra aufschreien. »Triff noch einmal«, ruft Elektra. Die Königin stößt einen letzten Todesschrei aus.
Dann ein Moment der Panik: Die Mägde haben Schreie vernommen, doch sie laufen davon, als sie hören, dass Aegisth von den Feldern zurückkommt. Er wird von Elektra empfangen, die ihm, auf einmal frohen Mutes, anbietet, ihm in der hereinbrechenden Nacht den Weg zu leuchten. Bald hört man ihn genauso schreien und um Hilfe rufen. Auch er erliegt der Hand des Rächers.
Chrysothemis kommt, sie teilt der Schwester die Rückkehr ihres Bruders und den zweifachen Mord an Klytämnestra und Aegisth mit. Elektra ist wie berauscht und dem Wahnsinn nahe, für sie gibt es nur noch eins: schweigen und tanzen, um ihre Befreiung zu feiern. Sie tanzt mit ungezügelter Exaltiertheit, bis sie schließlich zusammenbricht: Nicht sie sollte die Rache vollzogen haben. Orest bricht wieder auf, unbemerkt und einsam.

Patrice Chéreau | Vincent Huguet

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