La damnation de Faust

Légende dramatique in vier Teilen von Hector Berlioz Text von Hector Berlioz nach Johann Wolfgang von Goethe in der Übersetzung von Gérard de Nerval

Zwischen großer Oper und Oratorium, zwischen himmlischer Erlösung und Lust am Infernalen – mit »La damnation de Faust« schuf der für seine Exzentrik bekannte Hector Berlioz eine der eigenwilligsten »Faust«-Adaptionen. Das 1846 uraufgeführte Werk, als »dramatische Legende« bezeichnet und zunächst nur für konzertante Aufführungen gedacht, basiert zwar auf der französischen Übersetzung von Goethes Text, zerlegt die allbekannte Handlung aber in einzelne Episoden und setzt so eigene Akzente. Dasselbe gilt für Berlioz’ ungemein vielfältige und farbige Musik, die sich mit charaktervollen Solonummern und großen Chorszenen einmal in die Tiefen der Hölle begibt, um am Ende Marguerites Erlösung in den himmlischsten Tönen zu besingen.
Mit Terry Gilliams Inszenierung, die 2011 für die English National Opera entstand, kommt die erste Opernregiearbeit der Monty-Python-Legende nun auf die Bühne der Staatsoper. Ähnlich wie Thomas Mann in seinem Roman »Doktor Faustus« erzählt Gilliam eine Allegorie auf den Verfall des geistigen Deutschlands und spannt dazu einen historischen Bogen von der Romantik über den 1. Weltkrieg, das Erstarken der NSDAP und der Olympiade 1936 bis hin zum Untergang des Dritten Reiches. Den optischen Rahmen dazu bildet eine Reise durch 100 Jahre deutscher Kunstgeschichte: von der Naturromantik Caspar David Friedrichs über den provokativen Realismus eines Otto Dix und George Grosz bis hin zum politisch instrumentalisierten Pomp der Filmästhetik Leni Riefenstahls.

Termine

Medien

Handlung

Unsere Produktion folgt dem Lauf deutscher Kunst und Geschichte vom 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

1. TEIL
Méphistophélès stellt sich vor: Er wird an diesem Abend die Fäden in der Hand halten.
Die Gestalt eines Mannes – Faust – bewegt sich durch den Wald. Er trägt eine schwere Last. Die Wiederkehr des Frühlings und die Wunder der Natur nehmen ihn ein. Seine Einsamkeit wird gestört und er zieht sich in die Höhen zurück, wo er in einem herrlichen Sonnenuntergang schwelgt, bevor er einschläft. Feldarbeiter, die auf dem Heimweg sind, stören seine Ruhe. Sie begehen einen Volksbrauch, in dessen Zentrum eine Maikönigin steht. Die Menge zieht Faust von seinem Aussichtspunkt herunter und macht ihn zum König der Maikönigin. Von ihren Possen gedemütigt, kann er entkommen.
Der Morgen bricht an. Eine berittene Parade verkündet den Aufzug der gekrönten Häupter Europas. Während einer eleganten Gesellschaft werden alte Bündnisse gebrochen und neue geschmiedet, die Herrscher teilen die Weltkarte unter sich auf. Zunehmende Spannungen führen zu einem Krieg, in dem Millionen sterben.


2. TEIL
Faust versucht, sich dem Chaos des Gemetzels zu entziehen. Vorsichtig schleicht er über das Schlachtfeld. Gefangen in seiner Verzweiflung beschließt er, Selbstmord zu begehen. Méphistophélès, der ihn beobachtet hat, greift ein: Mit dem lebenden Faust kann er mehr Spaß haben. Méphistophélès beschwört eine Kirchenruine herauf, die nun als Lazarett dient. Dort assistiert Faust bei Behandlungen, was ihn eine neue Bestimmung zum Leben entdecken lässt. Méphistophélès bietet Faust einen Ausweg aus seiner eintönigen und vergeistigten Existenz, indem er ihm das wirkliche Leben zeigt und seine geheimsten Wünsche erfüllt. Faust schlägt ein.
Méphistophélès und Faust betreten einen Bierkeller in der Weimarer Republik. Brander singt ein anti-bolschewistisches Schmählied und zeigt damit, dass er und seine Saufkumpanen Mitglieder der SA sind. Méphistophélès erwidert mit einer satirischen, antisemitischen Kabarett-Einlage. Als ein Jude zusammengeschlagen wird, wendet sich Faust angewidert ab und verlangt, dass Méphistophélès ihn nach Hause zurückbringt.
Méphistophélès lullt Faust in den Schlaf. Als dieser aufwacht, findet er sich auf einer Cocktailparty inmitten der Nazi-Führungsriege wieder. Er erblickt eine wunderschöne Frau – ist es Marguerite? Bevor er sich ihr nähern kann, wird für die Gäste eine wagnereske Unterhaltungseinlage geboten. Faust sinkt in Schlaf und träumt nur noch von Marguerite. Er verlangt von Méphistophélès, zu ihr geführt zu werden. Dieser ermahnt Faust, jede seiner Anordnungen zu befolgen, wenn er sie für sich allein haben wolle. Faust wird von einer Schar junger Rekruten mitgerissen; Deutschland feiert seine wachsende Macht und Stärke.


3. TEIL
Méphistophélès hat Faust zu Marguerites Wohnort gebracht. Faust ist von freudiger Erwartung berauscht. Als Marguerite nach Hause zurückkehrt, versteckt er sich. Hingerissen vom Bild eines Soldaten auf der Plakatwand gegenüber, singt sie die Ballade vom König von Thule. Faust taucht neben ihr auf und sie geben sich einander hin. Währenddessen findet draußen ein Pogrom statt. Als SA-Trupps den Wohnblock durchsuchen, holt Méphistophélès Faust eilig heraus; Marguerite wird jedoch gefangen genommen.


4. TEIL
Gruppen von Juden sitzen auf ihren Koffern und warten auf die Deportation. Unter ihnen befindet sich Marguerite. Sie alle werden in Güterwaggons geladen.
Noch immer ruhelos und unbefriedigt sucht Faust bitteren Trost in den Gewalten und Gefahren der Natur. Méphistophélès berichtet Faust, dass Marguerite gefangen genommen wurde. Sie könne nur gerettet werden, wenn Faust verspreche, ihm zu dienen. Faust willigt ein. Sie machen sich sofort auf, jedoch nicht um Marguerite zu befreien, wie Faust glaubt, sondern in den Abgrund der Hölle, wo Méphistophélès triumphal empfangen wird.
Im letzten Bild geht Marguerites Seele in den Himmel ein.

Mehr erfahren