The Turn of the Screw

Oper in einem Prolog und zwei Akten (1954)

Musik von Benjamin Britten
Text von Myfanwy Piper nach Henry James

Eine junge Frau soll sich als Governess auf den Landsitz Bly begeben, um dort für die Erziehung der zwei Waisen Flora und Miles zu sorgen. Auftraggeber ist der Onkel, zugleich Vormund der Waisen, der nicht belästigt werden will und die junge Frau auf absolute Verschwiegenheit über die Vorgänge auf seinem Landsitz einschwört. Tatsächlich geben ihr das Verhalten der beiden Kinder und die Vorkommnisse im Haus Rätsel auf. Auch die Haushälterin Mrs. Grose, die offenbar schon ihr halbes Leben in Bly verbracht hat, scheint ihr nicht ganz durchschaubar. Schließlich glaubt die Governess die schemenhaften Erscheinungen eines Mannes und einer Frau durch die Räume wandeln zu sehen und in ihnen die Geister der ehemaligen Angestellten Peter Quint und Miss Jessel zu erkennen. Dämonische Kräfte scheinen um sich zu greifen und alle Beteiligten heimzusuchen. Am Ende, soviel ist sicher, ist eine Person tot. Alles andere bleibt zu untersuchen …

Brittens ebenso rätselhafte wie eindrucksvolle Kammeroper »The Turn of the Screw« (zu deutsch »Die Drehung der Schraube«) spiegelt in ihrer zersplitterten Struktur die scheinbar fragmentarischen und womöglich verzerrten Wahrnehmungen und Erinnerungen der Protagonistin wider. Jede Szene wirft ein anderes Licht auf das Geschehen, das sich aus der Erinnerungsperspektive der Governess nicht zu einem homogenen Ganzen zusammenfügen lässt, sondern eher wie ein Puzzle mit fehlenden Teilen erscheint. Henry James, dessen 1898 erschienene, von frühen tiefenpsychologischen Ideen beeinflusste Erzählung als Vorlage für Brittens Oper diente, bezeichnete diese einst mit Understatement als ein »Spiel seltsamer Begegnungen«.

Medien

PROLOG
Eine Frau aus bescheidenen Verhältnissen – die Tochter eines Landpfarrers – deren Namen wir nie erfahren werden, bekommt einen Auftrag: Sie soll sich als Governess auf den Landsitz Bly begeben. Dort soll sie sich um die zwei Waisen Flora und Miles kümmern und für ihre Erziehung sorgen. Der Auftraggeber ist der Onkel der Kinder, der mit diesen Dingen nicht belästigt werden will. Eine große Verantwortung lastet auf ihr.

1. AKT
Hingebungsvoll widmet sich die Governess ihrer Aufgabe im Haus Bly. Neben den beiden Kindern befindet sich dort auch noch die alte Haushälterin Mrs. Grose. Zunächst erscheint ihr der abgeschlossene Kosmos von Bly mit seinen engelhaften Kindern wie ein vollkommenes Idyll. Doch nach und nach erfährt die Ungetrübtheit dieser Welt immense Erschütterungen. Ein Brief trifft ein. Miles wird der Schule verwiesen. Die Gründe sind uneindeutig und führen zu ersten Irritationen. Die Governess glaubt, unheimliche Erscheinungen durch die Räume von Bly wandeln zu sehen. Mrs. Grose meint, in den Beschreibungen der Governess die ehemaligen und unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommenen Angestellten Quint und Jessel zu erkennen. Die Governess ist davon überzeugt, dass Miles und Flora in Gefahr sind und sie ihre Zöglinge beschützen und retten muss. In ihren Phantasien hört sie Stimmen nach den Kindern rufen.

2. AKT
Die Governess kann sich mittlerweile kaum noch in Bly orientieren. Sie fühlt sich verloren in ihrem eigenen »Labyrinth«.
Die Schraube der Desorientierung dreht sich immer weiter, bis sie vollkommen durchdreht. Die Stimmen, die sie hört, werden lauter – die Gefahr scheint zu wachsen. Die Governess versucht, die Geschehnisse zu ordnen, so als würde sie einzelne Teile eines Puzzles immer wieder neu zusammenlegen. Überall wittert sie Täuschung und Verführung und ist kurz davor, die Flucht zu ergreifen. Doch dann  entschließt sie sich, den Onkel von den Geschehnissen in Kenntnis zu setzen und ihm zu schreiben. Aufgrund der zugespitzten Ereignisse verlässt Mrs. Grose mit Flora das Haus und reist nach London. Die Governess bleibt allein mit Miles zurück, um ihn endlich und eindeutig zu fassen zu bekommen.

»Die Staatsoper triumphiert mit einem intensiven Musiktheatererlebnis. Hochkonzentriert verlebendigt Ivor Bolton mit der Staatskapelle diese faszinierende Partitur, die atmosphärisch ist, ohne je filmmusikhaft werden zu müssen, die naturnah wirkt, ohne zur Lautmalerei Zuflucht zu nehmen.«

Der Tagesspiegel, 17. November 2014

»Claus Guth und sein Ausstatter Christian Schmidt lassen aus den Drehungen und Faltungen der Wände ein Labyrinth entstehen, in dem sich die Figuren verlaufen und aus dem Weg gehen. Das ist inszenatorisch schlüssig und eindrucksvoll umgesetzt. Am Ende stand ungeteilter Applaus für eine sehr gute Produktion.«

Berliner Zeitung, 17. November 2014

»Die Staatskapelle unter Ivor Bolton reizt die lyrischen wie dramatisch-hysterischen Möglichkeiten der Partitur kongenial aus, und das brillante Sängerensemble beweist neben stimmlichen auch große darstellerische Qualitäten. Es ist ein großartig verstörender Abend, aus dem einer noch herausragt: der Countertenor Thomas Lichtenecker, der den Jungen Miles in einer wirklich atemberaubenden Mischung aus kindlicher Unschuld und provokanter Verderbtheit singt und spielt.«

taz, 17. November 2014

»Das Wunderbarste an dieser Inszenierung ist, dass sie von der Musik gedeckt wird. Die Staatskapelle unter Leitung von Ivor Bolton legt viel Nervosität und Zögern, vor allem aber das Klangsinnliche frei. Die Sängerbesetzung ist großartig. Emma Bells durchdringender Sopran verliert im herben Melos bald schon alle Bodenhaftung. Der unsichtbare, von Richard Croft gesungene Quint ist eher ein genoraler Verführer, denn ein Schreckgespenst. Thomas Lichtenecker verleiht dem Miles die richtige Balance zwischen kindlicher Unschuld und trotzigem Begehren.«

Berliner Morgenpost, 17. November 2014

»Was für eine Stimme! Der Countertenor von Thomas Lichtenecker klingt reiner als die Oboe, die Benjamin Britten ihm zugesellt… Ivor Bolton dirigiert mit strenger Eleganz. Weil alle sechs Sänger nie forcieren, sondern mit oratorischer Distanz durchs Drama schweben, wird alles noch unheimlicher, als es bei expressivem Engagement wäre – unheimlich schön.«

FAZ, 18. November 2014

»Faszinierend ist Claus Guths Inszenierung, weil sie trotz der psychologisierenden Erzählhaltung der Versuchung widersteht, das Geheimnis der Geschichte im Sinne einer planen Seelenstudie über weibliche Hysterie aufzulösen. Seine Bilder bleiben mehrdeutig, verunsichern und lassen den Zuschauer bis zuletzt im Ungewissen darüber, was der Fantasie der Gouvernante entspringt und was einem tatsächlichen Geschehen.«

Deutschlandfunk Kultur, 16. November 2014

  • »Die Musik ist absolut magisch«

    »The Turn of the Screw« feierte ihre Wiederaufnahme in der Staatsoper Unter den Linden.Wir trafen die junge Sopranistin Sónia Grané zwei Tage vor der Vorstellung zu einem Gespräch. Mehr dazu hier....