DIE GENERALSANIERUNG
Von Herbst 2010 bis Herbst 2017 fand die aufwendigste Sanierungsmaßnahme in der Geschichte der Staatsoper statt. An der Generalsanierung beteiligten sich die Bundesrepublik Deutschland mit 200 Millionen € und der Verein der Freunde und Förderer der Staatsoper Unter den Linden mit 3 Millionen €. Nach öffentlichen Diskussionen über die Neugestaltung des Zuschauersaals erhielt der Architekt HG Merz den Auftrag, das Baudenkmal zu sanieren. Für das Gebäudeensemble der Staatsoper bestand ein grundlegender Sanierungsbedarf. Unter der Einhaltung von denkmalpflegerischen Aspekten wurden bautechnische Mängel beseitigt und die stark veraltete Gebäudeausstattung auf ein zeitgemäßes sicherheitstechnisches Niveau gebracht. Verbessert wurden auch die Barrierefreiheit, die Klimatechnik und der Brandschutz. Die äußere Bauform der Oper ist aus der Fußgängerperspektive bestehen geblieben. Das Volumen des Zuschauersaals wurde, um eine bessere Akustik zu erzielen, vergrößert. Dafür wurde der Saal innerhalb der vorhandenen Gebäudekubatur durch Anheben der historischen Decke erweitert. Die Gestaltung des Operngebäudes Unter den Linden wurde dabei in der Gestaltung mit Einbauten und Farben aus den 1955er Jahren ergänzt und wiederhergestellt. Während der Bauphase spielte das Ensemble der Staatsoper im Schiller Theater im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.


WIE KLINGT DIE OPERNGESCHICHTE?

FRIEDRICH II.
Friedrich II., auch Friedrich der Große oder Alter Fritz genannt, wurde am 24. 01. 1712 in Berlin geboren und starb am 17. 08. 1786 in Potsdam. Er war von 1740 bis 1786 König in Preußen und ab 1772 König von Preußen, zudem war er Kurfürst von Brandenburg.

1742:
DIE OUVERTÜRE
Die Eröffnung des Opernhauses fand als Hofoper bereits 1742 mit einer ersten Premiere im noch unfertigen Bau statt. Damit begann die über 250-jährige erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Berliner Staatsoper und der heutigen Berliner Staatskapelle.

Für die Planung wurde der Architekt Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff beauftragt. Er konzipierte die Oper im Stil des Palladianismus. Als Bauplatz wählte der König ein Festungsgelände in der Nähe des von ihm bewohnten Kronprinzenpalais. Durch die Platzierung auf der Hauptachse der Stadt – Unter den Linden – und nicht wie üblich innerhalb des Schlosskomplexes, entstand das erste eigenständige Theatergebäude Europas als kultureller Ausdruck der Ideen der Aufklärung.

Das als Langhaus konzipierte Gebäude verfügt über den Apollosaal (Bankettsaal, Foyer), den Theatersaal (Zuschauerraum, Ballsaal) und den Korinthischen Saal, (Bühne und Konzertsaal). Mit dem Kronprinzen-, dem Prinzessinnenpalais und dem Zeughaus ist die Königliche Hofoper der vierte Prachtbau Unter den Linden.

1950–1955:
DAS INTERMEZZO
Nachdem die Staatsoper bereits 1942 beschädigt und umfänglich renoviert worden war, führten schließlich die massiven Zerstörungen im letzten Kriegsjahr zu dem Entschluss des Wiederaufbaus.

Nach der Staatsgründung der DDR im Oktober 1949 und dem Abriss des Berliner Schlosses wurden die Pläne konkret. Beauftragt wurde der ehemalige Poelzig-Schüler und Gropius-Assistent Richard Paulick, die Konzeption für den Wiederaufbau zu erstellen. Alle stilwidrigen Veränderungen, die im Laufe der Zeit das Haus überzogen hatten, sollen entfernt und das Gebäude im Sinne von Knobelsdorff wieder neu errichtet werden.

Richard Paulick und seinem »Entwurfskollektiv« gelang es, innerhalb von drei Jahren den wichtigsten Beitrag zum kulturellen Wiederaufbau der DDR zu leisten. So ist beispielsweise der Apollosaal mit seiner Ornamentik, angelehnt an originale Vorbilder, ein exzellentes Beispiel für den kreativen und dennoch verantwortungsvollen Umgang mit Traditionen. Ebenso ist der für sozialistische Verhältnisse ungewöhnlich prachtvolle Zuschauerraum mit seinen drei Rängen ein Zeugnis für das kulturelle Selbstverständnis jener frühen 1950er Jahre.

Am 4. Oktober 1955 eröffnete die Deutsche Staatsoper mit Wagners »Die Meistersinger von Nürnberg«.


RICHARD PAULICK
Der Architekt Richard Paulick wurde am 7. November 1903 in Roßlau (Anhalt) geboren. Von 1923 – 27 studierte er Architektur in Dresden und Berlin unter anderem bei Hans Poelzig. Fachliche Verbindungen pflegte er auch zum Bauhaus und war Mitarbeiter im Büro von Walter Gropius, was seine Projekte prägte. Er starb am 4. März 1979 in Berlin.

Richard Paulick hat als Architekt eine bewegende Geschichte hinter sich. Seine ersten Entwürfe entwickelte er unter dem Einfluss des Bauhauses. Als politisch engagierter Mensch musste er in den 1930iger Jahren das Land verlassen und kehrte erst 1950 in die DDR zurück. Hier hat sein Wirken Spuren hinterlassen. 1956 erhielt er den Staatspreis für den Wiederaufbau der Staatsoper.

Von Knobelsdorff bis Paulick haben viele Architekten die Oper verändert und sie immer wieder den neuen Anforderungen und Funktionen angepasst. Das passiert auch heute noch: Mit großem bautechnischen Engagement und Fachkenntnis wird die Oper optimal umgestaltet, um für das Publikum und die Akteure der Oper ideale Bedingungen zu schaffen.


DAS FINALE
Die Sanierung der Staatsoper mit allen Maßnahmen, die jetzt umgesetzt wurden, hat die Berliner Spielstätte in den Kreis der international bekannten Opernhäuser eingereiht. Das hat die Aufführungsmöglichkeiten erweitert, macht Berlin aber auch attraktiv für Reisende aus aller Welt. Die Berliner:innen erkennen ihr Opernhaus mit dem gewohnten Ambiente, als vertraute Spielstätte wieder, und können nun mit verbesserter Akustik die Aufführungen genießen.

Mit den bisherigen baulichen Veränderungen des Hauses, der sozialen Zusammensetzung der Besucher:innen und insbesondere der musikalischen Darbietungen ging auch immer der Wandel von klanglichen Qualitäten einher. Mit der Neugestaltung der Staatsoper wird nun diesen neuen Anforderungen entsprochen.

Der Entwurf, der umgesetzt wurde ist deshalb so überzeugend, weil er am Ende eines Diskussionsprozesses die optimale Lösung darstellt. Er berücksichtigt das historische Erscheinungsbild, macht aber auch einfühlsam deutlich, wo etwas Neues entstanden ist.


HG MERZ
1947 geboren in Tailfingen / Württemberg
1969 –1974 Studium der Architektur an der Technischen Universität Stuttgart
1981 + 1993 Gründung der Büros in Stuttgart und Berlin
1993 – 2007 Professur für Ausstellungsgestaltung / Visuelle Kommunikation an der Hochschule Pforzheim
seit 2008 Professur für Entwerfen und Experimentelles Gestalten an der Technischen Universität, Darmstadt
seit 2013 Vorsitzender des Universitätsrates der Bauhaus Universität Weimar


WIE KLINGEN DIE EINZELNEN BAUTEILE?

Das Gesamtprojekt umfasst die 5 Bauteile: das Opernhaus, welches in Zuschauerhaus und Bühnenhaus unterteilt ist, die Intendanz, das Probenzentrum (auf der Fläche des ehemaligen Magazingebäudes) und das unterirdische Verbindungsbauwerk für den Kulissentransport. Hierdurch ist eine effizientere Logistik für den Repertoirebetrieb der Staatsoper möglich.

DAS ZUSCHAUERHAUS
Hier wurde eine Abdichtung zum Schutz gegen das Grundwasser eingebracht, die dekorativen und denkmalsgeschützten Ausbauten von diversen Schadstoffen befreit und nach sorgfältiger Kartierung eingelagert. Das Haus erfährt in seiner Gestaltung eine Rückführung auf die Formensprache der 50er Jahre von Richard Paulick.

DAS BÜHNENHAUS
Hier wurde zuerst die Bühnentechnik ausgebaut und das Gebäude mit Ankern gegen ein Aufschwimmen gesichert. Dann wurde eine bis zu 3,2 cm dicke Stahlblechabdichtung eingebracht. Dieses Prinzip der Abdichtung kommt aus dem Schiffsbau. Ein Gutachter hat jeden Zentimeter der insgesamt 7 km Schweißnaht überprüft, um eine Dichtigkeit sicherzustellen.

DAS UNTERIRDISCHE BAUWERK
Im Unterirdischen Bauwerk werden nicht nur Dekorationselemente in Lagerwagen witterungsunabhängig und schneller transportiert, sondern es dient auch der internen logistischen Erschließung der Gebäude der Staatsoper. So sind notwendige technische Betriebsräume im Unterirdischen Bauwerk untergebracht. Sämtliche Versorgungsleitungen, wie zum Beispiel Elektro-, Heizungs-, Kälte- und Feuerlöschleitungen verlaufen durch das Unterirdische Bauwerk, das damit von besonderer Bedeutung für die technische Versorgung der Staatsoper ist. Darüber hinaus stehen Flächen für die Vormontage und Lagerung von Kulissen und Dekorationen zur Verfügung.

DIE INTENDANZ
Hier wurden die dekorativen und denkmalsgeschützten Ausbauten von Schadstoffen befreit und nach sorgfältiger Kartierung eingelagert. Nach Fertigstellung der Rohbauarbeiten im Gebäude (Abdichtung, Fassaden- und Fenstersanierung) wurden die reparierten dekorativen Elemente wieder eingebaut.

DAS PROBENZENTRUM
Hier werden Probemöglichkeiten für das Staatsballett, den Chor und das Orchester zur Verfügung gestellt. Ebenso entstand hier ein Probenraum mit den gleichen Dimensionen wie die Hauptbühne im Opernhaus. Hier hat das Ensemble der Staatsoper zum ersten Mal die Gelegenheit, in den originalen Kulissen und der gleichen Bühnengröße wie im Opernhaus zu proben. Der Raum bietet ebenso die Möglichkeit für eine 2. Spielstätte. Die Fassade des vorherigen Magazingebäudes wurde wiederhergestellt.

AKUSTIK UND NACHHALLGALERIE
Der bisherige Saal erzeugte nur wenig Klangwärme und erreichte im besetzten Zustand eine zu geringe Nachhallzeit. Dieser geringe Wert hatte zwei Ursachen: zum einen das Verhältnis des geringen Raumvolumens zur Anzahl der Zuschauer, zum anderen die Absorption der hohen Frequenzen. Zusätzlich verhindern die Stoffbespannungen im Saal eine Reflexion der Töne. Die Nachhallzeit wurde nun vergrößert und dadurch der Klang verbessert. Das von den Akustikern und Architekten entwickelte Konzept sieht eine Anhebung der Decke vor. Das Saalvolumen erhöhte sich fast um die Hälfte und die Nachhallzeit konnte wesentlich verlängert erden. Die Anhebung der Saaldecke um 5 Meter geschah, ohne das Erscheinungsbild des Gebäudes zu verändern. Durch diese Anhebung entstand eine Nachhallgalerie. Ausgehend von den im Hause vorhandenen Gitter- und Rautenmotiven wurde eine schalldurchlässige Struktur entwickelt.

Die Staatsoper Unter den Linden ist einem ständigen Wandel unterzogen. Dadurch zeigt das seit 1979 unter Denkmalschutz stehende Gebäude eine beispiellose Mehrschichtigkeit. Die Modernisierung ist ein weiteres Kapitel in der Baugeschichte der Oper. Die notwendige Generalinstandsetzung fand seit 2009 unter der Leitung des Architekten HG Merz statt. Verbessert wurde die Infrastruktur hinsichtlich Barrierefreiheit, die Klimatechnik, die Sicherheit und der Brandschutz. Die äußere Bauform wurde dabei bewahrt und sensibel restauriert. Im Innenraum wurden denkmalpflegerische Entscheidungen in Abwägung zwischen den Anforderungen an einen modernen Theaterbetrieb und dem Erhaltungsinteresse getroffen. Die Farbgestaltung der 1955er Jahre wurde wiederhergestellt. Die seither hinzugekommenen Farbschichten wurden entfernt und das Gesamtwerk des Architekten Richard Paulicks freigelegt. Oberhalb der Ränge wurde die historische Saaldecke angehoben. Als neuer Abschluss über dem Bestand entstand ein Kranzgesims, das sich aus dem bestehenden Gebälk entwickelt.

Der barrierefreie Zugang wird in alle öffentlichen Teile des Gebäudes gewährleistet.